Geschichte

Die Gemeinde Witzwort ist 2814 ha groß und gehört zum Amt Nordsee-Treene. Zum Gemeindegebiet zählen (ganz oder teilweise) folgende Köge: Den Ursprung bildet das Ohlfeld (alte Feld) als Bestandteil der alten Marschinsel Eiderstedt. Um 1400 entstanden Büttelkoog, Dingsbüllkoog, Haimoorkoog, Riesbüllkoog und Wallsbüller Koog. Im 16. Jahrhundert kamen die Legelichkeit (1554), der Obbenskoog (1565) sowie der Adolfskoog (1579) hinzu. Als letzter Koog wurde 1624 der Johann-Adolfs-Koog an der Eider eingedeicht.

Zur Erklärung des Namens Witzwort gibt es zwei Deutungen: Einig sind sich die Chronisten, dass die zweite Silbe „Wort“ für „Wurth oder Warft“ steht, also für eine natürliche oder künstliche Erhebung in der Marsch. Die erste Silbe „Witz“ wird entweder auf „witte“ zurückgeführt – das wäre dann die weiße Warft, so genannt wegen des hier unter der Kleischicht liegenden Sandbodens – oder auf „Widde“, einen friesischen Namen, so dass dann die Bedeutung „Wohnplatz des Widde“ wäre.

Die größte Einwohnerzahl erreichte Witzwort 1946: Damals wurden, bedingt durch den großen Zustrom von Flüchtlingen, 1613 Einwohner gezählt, gegenüber 1061 im Jahre 1795 und heute 1027 (2014).

Die erste Besiedlung im Bereich der Gemeinde Witzwort hat vermutlich auf Strandwällen stattgefunden: auf dem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Strandwall Lundenbergsand–Lunden – der sichere Siedlungsplätze bot gegenüber den Fluten der Nordereider – und auf den in Ost-West-Richtung mäandernden Strandwällen am Unterlauf der Eider zwischen Koldenbüttel und Tönning. Hier konnte von Hauswarften aus in bescheidenem Umfang Viehzucht und Gartenbau betrieben werden. Es gibt bislang keine Funde aus der Frühzeit auf Witzworter Gebiet, aber man kann eine Besiedlung bereits für das 1. Jahrhundert nach Christus annehmen – ebenso wie auf der nahe gelegenen Warft Tofting nachgewiesen. Auf Warften im Bereich Büttel fand man Keramikscherben aus der Zeit um 500. Ab dem 12. Jahrhundert konnten sich Gruppen von Häuserwarften aufgrund der Fortschritte in Küstenschutz (Deichbau) und Entwässerung (Sielzüge) mit größeren Viehweiden und Ackerflächen umgeben.

In Witzwort ist ab 1420 die Existenz der Kirche auf der Kirchwarft in der Dorfmitte nachgewiesen. Zur ursprünglichen Siedlungsachse auf dem Strandwall kamen ab dem Spätmittelalter große, verstreut liegende Bauernstellen in den neuen Kögen hinzu. Ab dem 18. Jahrhundert verdichtete sich dann die Kette der Häuserwarften auf dem Sandwall zum heutigen Ortsmittelpunkt, der Dorfstraße. Zwei Brände vernichteten die gesamte Dorfstraße: Während 1753 alle Häuser südlich der Kirche abbrannten, traf es genau 100 Jahre später den nördlichen Teil. Die Reetdächer der eng stehenden Häuser hatten sich aneinander entzündet, weshalb heute im Dorf diese Dächer nicht mehr zugelassen sind. Wegen der zu Reetdachzeiten berechtigten Angst vor einer Feuersbrunst war im Übrigen der Bahnhof so weit ab vom Dorf gebaut worden; man fürchtete den Funkenflug der Lokomotive. Von den einstmals 33 Haubargen, den typischen, prächtigen Eiderstedter Bauernhäusern, die es Anfang des 19. Jh. noch in Witzwort gab, sind nur noch drei in reiner Form erhalten: der ehemalige Henningshof (Flöhdorf), der Gragehof (Süden) und der Rote Haubarg (Adolfskoog).

Text: Archivgruppe Witzwort, 2014

Der bekannteste Haubarg ist der sog. Rote Haubarg in der Gemeinde Witzwort. Viele fragen, woher der Name stammt. Der Haubarg ist weder mit roten Ziegeln bedeckt, noch hat er rote Backsteinmauern. Gewaltige Reetdächer zieren das weiß verputzte Gebäude. Der Vorgängerbau allerdings war mit roten Dachpfannen gedeckt. Dieses Dach stammte noch aus Zeiten, als Dachziegel teurer waren als Reet. Nachdem der alte Haubarg durch einen Brand zerstört worden war, behielt der neue den traditionellen Namen. Der erste Rote Haubarg wurde 1647/48 errichtet und 1759 durch Feuer vernichtet. Er wurde wieder aufgebaut und 1795 von einem Husumer Bürger erworben.

Der „Rote Haubarg“ bei Witzwort, Eiderstedt (Foto: Karsten Christiansen und Gaby Lönne)

Das Besondere am Roten Haubarg sind nicht nur seine imponierende Größe und seine schöne Lage inmitten einer kleinen Park- und Gartenlandschaft. Das Besondere ist auch, daß man ihn besichtigen kann. 1983 hat die Stiftung des Kreises Nordfriesland den Haubarg erworben und in der Loo, das heißt in der Diele, im Vierkant und im Pferdestall eine Abteilung des Eiderstedter Heimatmuseums eingerichtet. In den stilvoll eingerichteten ehemaligen Wohnräumen ist eine Gaststätte untergebracht.

Zwei Baustile prallen hart aufeinander: der historische Bau des 15.Jahrhunderts und der 1898 angefügte Chorraum. Seit 1631 steht der hölzerne Glockenturm im Osten der Kirche. Der Besucher der Kirche wird eingefangen von der Leuchtkraft des spätgotischen Schnitzaltars, dem figurenreichsten unter den Schnitzaltären. Die beiden Kruzifixe weisen über das Alter des jetzigen Kirchenbaues hinaus. Die Taufe gehört zu den Glanzstücken des Namurer Imports, und die Kanzel darf als Prachtexemplar unter den Kanzeln des sog. Eiderstedter Typs gelten. Beachtenswert sind die zahlreichen Pastorenbilder aus der Zeit von 1728 bis 1928. Von besonderer Qualität ist das Epitaph Mummens aus der van-Achten-Werkstatt, das in sehr schöner Weise die historischen Trachten der Eiderstedter zeigt. Der ganze Kirchenraum besticht durch seine Klarheit und Schlichtheit, ein Raum von hoher Individualität.

Ingeborg Andresen wurde am 30. Januar 1878 am Moordeich geboren. So kann unsere Gemeinde stolz sein auf die einstige Bürgerin, die eine hervorragende Dichterin und Schriftstellerin war. Im Jahre 1955 ist sie im Alter von 77 Jahren gestorben. Beide Elternteile sind früh verstorben. Mit zwei jüngeren Brüdern war sie mit 15 Jahren ein Waisenkind, das auf die Unterstützung der Gemeinde angewiesen war. So lernten die Kinder die harten Verhältnisse im Witzworter Armen- und Arbeitshaus kennen, worüber Ingeborg Andresen eine Novelle und einen Einakter „Dat Groote Huus“ verfasst hat. (…) Bekannt von der Dichterin sind eine Reihe von Novellen: „Das schöne Leben“, „Die Stadt auf der Brücke“, „Unter schwerem Himmel“, „Das Lied der Erde“, „Hinter Deich und Dünen“. (Knutz, Chronik von Witzwort, 1983, 90ff. gekürzt)

Ingeborg Andresen lebte nach dem ersten Weltkrieg – den Deutschland begonnen und verloren hatte – mit ihrem Mann in Tondern, das aufgrund des Versailler Friedensvertrages nach dem Krieg Dänemark zugeschlagen wurde. Es gab dort eine starke, deutsch-national und völkisch orientierte Bewegung, diese Grenzänderung rückgängig zu machen. Andresens Novelle „Die Stadt auf der Brücke“ (1935) handelt von diesem Grenzlandkonflikt. Die Autorin zeigt dabei eine offene Sympathie für Hitler und den Nationalsozialismus.

Ingeborg Andresen war Mitglied im Eutiner Dichterkreis, einer der wichtigsten literarischen Vereinigungen im NS-Staat.